Brüning, Heinrich

Brüning, Heinrich
Brüning, Heinrich
 
Am 26. November 1885 in Münster geboren, studierte Heinrich Brüning zunächst für das höhere Lehramt, dann Volkswirtschaft; er war im Weltkrieg Frontoffizier und wurde 1920 Geschäftsführer des christlichen Deutschen Gewerkschaftsbundes, 1924 Reichstagsabgeordneter des Zentrums. Er machte sich bald einen Namen als Finanzfachmann und wurde 1929 Fraktionsvorsitzender. Am 29. März 1930 von Reichspräsident von Hindenburg unter Ausschaltung des Parlamentes zum Reichskanzler ernannt, stellte Brüning aus Fachexperten der bürgerlichen Parteien, die jedoch nicht an ihre Fraktionen gebunden waren, eine neue Regierungsmannschaft der Mitte auf - mit der Tendenz, auch die DNVP miteinzubeziehen. Brüning war von Anfang an bereit, in enger Anlehnung an den Reichspräsidenten auch ohne und sogar gegen den Reichstag zu regieren. Bereits im Juli 1930 kam es zu einer Kraftprobe mit der Volksvertretung. Als eine Gesetzesvorlage im Reichstag keine Mehrheit fand und das Kabinett Brüning beschloss, das Gesetz mittels einer Notverordnung des Reichspräsidenten durchzusetzen, machte das Parlament auf Antrag der SPD von seinem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch und hob die Notverordnung wieder auf. Der Reichspräsident löste auf Vorschlag Brünings daraufhin den Reichstag auf und setzte die Notverordnung zur »Sicherung von Wirtschaft und Finanzen« in Kraft. Damit war der zweite Schritt zur Aushöhlung des Verfassungssystems durch die diktatorische Gewalt des Reichspräsidenten getan. Es folgten die Reichstagswahlen vom 14. September 1930 mit dem sensationellen Aufstieg der NSDAP. Brüning regierte weiterhin durch wirtschafts- und finanzpolitische Notverordnungen mit dem Hauptziel, ein Ende der Reparationszahlungen zu erreichen, ohne vorerst auf die unaufhaltsam ansteigenden Arbeitslosenzahlen Rücksicht zu nehmen. Er konnte sich dabei auf die SPD stützen, die seinen Kurs mit Rücksicht auf die in Preußen noch regierende Weimarer Koalition längere Zeit tolerierte. Nach den Reichspräsidentenwahlen im Frühjahr 1932 kam es zu einer Vertrauenskrise zwischen dem Reichspräsidenten und Brüning. Unter anderem gab Hindenburg, der nur mit den Stimmen der bürgerlichen Mitte und der Sozialdemokraten wieder gewählt werden konnte, während seine Gesinnungsgenossen, die Deutschnationalen, der Stahlhelm und die Nationalsozialisten Hitler als Kandidaten aufgestellt hatten, Brüning die Schuld an einer Entwicklung, die zu dieser Wahl »in verkehrter Frontstellung« geführt hatte. Er ließ ihn fallen. Brüning trat mit seinem Kabinett am 30. Mai 1932 zurück. Er blieb Fraktionsvorsitzender des Zentrums bis zu der erzwungenen Selbstauflösung der Partei im Sommer 1933, später emigrierte er in die USA, wo er am 30. März 1970 starb.

Universal-Lexikon. 2012.

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